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Geschichte des Projekts

Aachen. Während im Aachener Süden zuletzt vor allem die Gegner von Windrädern von sich reden machten, trumpft nun eine völlig anders gesinnte Gruppe auf. Ihr Plan: Die Menschen im Stadtbezirk Kornelimünster/Walheim sollen innerhalb von zehn Jahren ihren gesamten Energiebedarf vor Ort selbst produzieren und sich von Großkraftwerken und Ölimporten abnabeln.

Die gut 16.000 Bewohner im Aachener Süden würden damit gleichziehen mit den derzeit annähernd 100 Gemeinden in Deutschland, die sich auf den Weg zur «energieautarken Kommune» machen. Sie alle eint das Ziel, den Energieverbrauch zu senken, die Umwelt zu entlasten und das Klima zu schützen. Ganz nebenbei würde den marktbeherrschenden Stromkonzernen ein Schnippchen geschlagen, teure Energieimporte wären überflüssig, die regionale Wirtschaft würde gestärkt.

Gut zwei Jahre haben die Vorbereitungen gedauert, doch jetzt können der Energieberater Eckard Köppel und seine Mitstreiter - alle aus einem Grünen-nahen Umfeld - eine erste Projektbeschreibung vorlegen. Auf 20 Seiten haben sie ihre Überlegungen für einen «energieautarken Stadtteil» aufgeschrieben - sie alle sind mehr oder weniger vom Fach, betont der Diplom-Ingenieur Köppel: «Das ist kein Deutsch-Aufsatz, sondern eine echte Untersuchung, mit vielen Zahlen untermauert.»

Betont werden muss dies deshalb, weil er selbst in der eigenen Partei zuweilen als Phantast angesehen wird. Dabei wissen Köppel und Co. nur zu gut, dass genauere Ingenieursuntersuchungen und Wirtschaftlichkeitsberechnungen folgen müssen. «Wir haben zunächst nur die Ideen, was möglich wäre, zusammengetragen.» Er ist fest überzeugt, dass auch in Aachen möglich ist, was andere Gemeinden in Deutschland in Gang gebracht haben: «Der Weg ist das Ziel.»

Um den Bedarf von derzeit jährlich rund 218 Millionen Kilowattstunden Energie für Strom und Heizung in Kornelimünster/Walheim zu ersetzen, bzw. zu senken, hat die lokale Energiegruppe ein ganzes Bündel von Maßnahmen erarbeitet: Angefangen bei den Klassikern wie verbesserte Wärmedämmung, Nutzung von Sonnenenergie, Windkraft, Erdwärme, Biogasanlagen und energieeffizienter Technik bis hin zu Wärmerückgewinnung, Abwärmenutzung oder auch dem Aufbau von Kleinwindanlagen.

Im Detail gibt es jede Menge charmante Ideen: Darunter etwa die zwei bis drei Meter hohe Solarwand entlang der Autobahn bei Oberforstbach und Lichtenbusch, die zugleich noch eine schallschützende Wirkung hätte, oder auch die Nutzung von Kuhstallwärme.

Der Clou aber ist die Überlegung, den Steinbruch in Walheim als Wärmespeicher zu nutzen. In einem riesigen Tank könnten dort große Mengen Wasser gespeichert werden, die über ein oben draufgesetztes Solarfeld erwärmt würden. Ganz Walheim sowie Friesenrath, Hahn und Schmithof könnten mit Nahwärme aus diesem Speicher beheizt werden, ist die Energiegruppe überzeugt. Vergleichbares sei bislang in ganz Deutschland nicht zu finden.

Erforderlich seien zunächst natürlich hohe Investitionen, «aber ich glaube, dass wir nicht drumrum kommen», sagt Köppel. Man müsse nun genauer berechnen, wann sich was amortisiere. «Irgendwann haben unsere Kinder etwas zum Nulltarif, was wir aufgebaut haben», sagt Köppel, Jahrgang 1943 und Vater von zwei Kindern.

Ratsbeschluss angestrebt

Mühselig genug ist es nun, Aufmerksamkeit und Unterstützer zu finden. «Wir müssen es ausprobieren», sagt Köppel, der nun versuchen will, die Parteien zu überzeugen. «Wir brauchen einen Ratsbeschluss, um das Projekt in Gang zu setzen.» Erst wenn Planungssicherheit bestehe könnten weitere Fachleute, Hochschulexperten, Investoren und Sponsoren für den Aufbau eines energieautarken Stadtteils gewonnen werden.

Deutschlandweit sind es bislang stets kleinere - freilich auch industriearme - Gemeinden, die sich mit Bioenergie selbst versorgen wollen und es teils schon tun - darunter die Dörfer Jühnde bei Göttingen oder Effelter in Bayern. Wie kleine Mosaiksteinchen sollen sich die vielen kleinen Gemeinden eines Tages zum großen Ganzen zusammenfügen und die weltweiten Probleme wie Klimawandel und Treibhauseffekt lösen, wünscht sich Köppel.

Im Wahlkampf 2009 seien die Ideen der Energiegruppe in der Bevölkerung von Kornelimünster/Walheim auf ein durchweg positives Echo gestoßen, sagt Köppel. Umso überraschender, dass es nun so heftige Kritik an einem möglichen Windpark im Münsterwald entlang der Himmelsleiter gibt. «Ich liebe Windräder», sagt Köppel, «und ich glaube, dass wir auch Opfer für die nachfolgenden Generationen bringen müssen.»